Für einen kurzen Wanderurlaub brauchte ich eine nahe und einfach zu erreichende Gegend. Wie immer war mein Bestreben, so lange wie möglich so hoch wie möglich zu laufen, also eine Gratwanderung. Die An- und Abreise sollte möglichst komfortabel sein, und das Wandergebiet eine Höhenroute für eine Woche bereithalten.
Nach kurzem Suchen fand ich das Rätikon im Vorarlberg, an der Grenze zwischen Österreich, der Schweiz und Liechtenstein.
Dort stehen knapp 3000m hohe Berge, der höchste davon der Schesaplana. Ein gut ausgebautes und -geschildertes Wegenetz und viele Hütten lassen regen Wanderverkehr befürchten, aber auch ein einfaches Fortkommen vermuten. Im Montafon, dem parallelen Tal auf Österreicher Seite, gibt es einen guten ÖPNV, sodass auch eine bequeme Rückreise zum Parkplatz gesichert ist.
Als Karte habe ich mich für die WK 374 Montafon 1:50.000 von freytag&berndt entschieden, da sie den gesamten Bereich abdeckt. Sie hat sich nicht besonders bewährt, war aber für unsere Zwecke ausreichend. Zur den Details äußere ich mich am Ende des Eintrags.
Für die Unterkunft auf der Tour habe ich mich über die Regeln zum wilden Campen belesen. Dieses ist in ganz Österreich im Subalpinen Bereich verboten, im alpinen Bereich ist es Grauzone. Bivakieren ist erlaubt. Da die Hütten mit Voranmeldung (Ankunft bis 15:30!), in der Urlaubszeit sowieso überfüllt und für meinen Geschmack deutlich zu teuer (20€/Nacht/Nase) sind, habe ich also das Zelt eingepackt. In der Schweiz gilt übrigens dem Vernehmen nach ein Jedermannsrecht, ähnlich wie in Skandinavien.
Eine Route war schnell gefunden:
dann konnte die Tour beginnen.
Der Aufstieg von Latz gestaltete sich angenehm, und auf der Gamp-Alpe genehmigten wir uns ein Bier (oder eine Bananenmilch, je nach Geschmack). Die nachlassende Menschendichte dahinter war jedoch sehr wohltuend.
Auf dem Mattler Joch begrüßte uns Liechtenstein (ein Fürstentum, hört hört!) mit freundlichen Tafeln:
Auf der anderen Seite, es war ein Sonntag, gab es dann dafür wieder Menschenmassen. Malbun, die Ortschaft im Tal, haben wir daher nur kurz gestreift, waren wir doch mit unseren großen Rucksäcken und den schweren Tretern eher die Exoten der breiten Wandertrassen.
Erst auf dem Aufstieg zum Augstenberg erreichten wir dann alpines Gelände. Wieder gab es amüsante Schilder, und einen Blick auf einen Großteil Liechtensteins. Zudem die ersten Murmeltiere.
Nach dem Gipfel ging es Richtung Naafkopf, den wir jedoch rechts liegen ließen.
Über eine steile, teils verschneite Flanke ging es einen blau markierten Kletterpfad hinauf ins Schesaplana-Gebiet. Oberhalb des Schafslochs ging es durch einen abenteuerlich in den Fels gehauenen und mit Kabeln gesicherten teils verschneiten Weg bis zum Brandner Gletscher.
Die erstaunlich einfache Überquerung des Gletschers wurde am Fuße des Schesaplana mit einem Blick nach Osten über den Kamm des Rätikon belohnt. Dort standen die Kirchlispitzen und die Fluhe in einträchtiger Reihe. Der Abstieg zum Lünersee durch die Südwand und durch ein steiles Schneefeld war spektakulär.
Am überaus überlaufenen Lünersee habe wir intensiv gebadet und Passanten verstört. Weiter gings entlang der Kirchlispitzen zum imposanten Schweizertor, wo sich südlich des Drusenfluh interessante Landschaften auftun.
Südlich des Sulzfluh gibt es neben der Carschina-Hütte (“China-Htt.”) auch bewirtschaftete Almen mit viele Kühen, deren Geklapper in den Bergen widerhallt.
Eine Besteigung des Sulzfluh über den Klettersteig haben wir aufgegeben, als wir den Hinweis auf Selbstsicherung und die atemberaubende Wegführung bestaunten. Lieber nicht.
Dafür ging es zwischen Sulz- und Scheienfluh durch das Gru(o)ben, ein Tal voller Höhlen und einem Bach, der offensichtlich unterirdisch abfließt.
Die dahinterliegenden Hochtäler um den Scheienfluh haben mir sehr gut gefallen. Menschenleer, still und etwas karg erinnerten sie mich ein wenig an die Landschaft am Arctic Circle Trail in Westgrönland.
Der Aufstieg auf den Riedkopf (2552m) beschloss die Reise, deren Ende in Regenwetter zu enden drohte. Durch Kuhweiden ging es, vorbei an geschlossenen Berggasthöfen (“kein Bier ab vier”), hinab ins Tal nach Gargellen (auch liebevoll “Garnelen” genannt…).
Eine schöne Tour.
Einzig die Karte ließ zu wünschen übrig, von dieser Serie werde ich wohl keine mehr kaufen. Die Kritikpunkte im Einzelnen:
- Höhenmeter im 100m-Abstand
- teils inkorrekte Wegverläufe
- Höhenlinien werden manchmal blau, Flüsse erscheinen nicht (??)
- Symbole werden teils in der Legende nicht erklärt
- Beschriftung überdeckt Inhalt
- insgesamt eher unübersichtlich
Dafür ist sie wenigstens hübsch schattiert.